Es war (wieder einmal) keine gute Woche für Barack Obama. Er scheiterte mit zwei Projekten, in die er gewaltiges Prestige investiert hatte: Abschaffung der wirtschaftspolitisch immens schädlichen Steuersenkungen für Superreiche aus der Ära Bush? Die israelische Regierung Netanjahu zu einem (lächerlich kurzen) Baustopp für Siedlungen im Westjordanland bringen? Beide Male ein krachender Fehlschlag. Und beide Male liegt die Hauptschuld bei Obama selbst - und seinem Verständnis davon, was es heißt, Präsident der USA sein.

Seine zwei Jahre als Chef sind, gemessen an dem, was er der Welt zu versprechen schien und was die sich von ihm erwartet hat, eine Reihe von Enttäuschungen und Niederlagen. Sicher, er hat die Finanzkrise bewältigt und die Autoindustrie verstaatlicht. Aber die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie nie zuvor und es gibt keinen Plan für die Beseitigung der strukturellen Defizite der US-Wirtschaft. Obama wird an dem Anspruch gemessen, mit dem er angetreten ist. Er versprach eine neue Art von Politik, die die USA und die Welt verändert. Doch von change ist kaum etwas zu sehen und hope ist fast keine mehr vorhanden.

Das Schlimmste jedoch ist der anschwellende Verdacht, dass er nicht das Zeug zu einem Veränderungs-Präsidenten hat. Er kämpft nicht. Er erklärt nicht. Er führt nicht. Er lässt sich vorführen - von den rabiat rechten Republikanern; von Netanjahu; von den Nordkoreanern; von den Chinesen, den Iranern. Der Ton der führenden liberal-gemäßigten Kolumnisten ist fast respektlos geworden. Paul Krugman: "Er hat das Erhebende drauf - aber kann er kämpfen? Die Antwort bisher ist Nein." Richard Egan: "Was Obama in sein nachdenkliches Wachkoma gelullt haben mag, ist die historische Größe seines Wahlsiegs. Aber der erste schwarze Präsident zu sein ist keine Idee. Hope ist kein Thema. Change ist keine Regierungsmethode." Frank Rich bringt den Begriff "Stockholm-Syndrom" ins Spiel: Geiseln identifizieren sich mit ihren Geiselnehmern. Obama versuchte bei allen seinen großen Vorhaben, die Republikaner "einzubinden". Aber die betrachten ihn als einen Schwarzen, der nicht ins Weiße Haus gehört. Sie sind auf seine Vernichtung aus. Obama opferte ihnen Prinzip um Prinzip: eine echte Gesundheitsreform, wirkliche Reformen in Wall Street, angemessene Steuern für Superreiche.

Nicht in allen Fällen hatte er die Stimmen im Kongress dazu - aber, und das ist das Paradox des "großen Kommunikators" Obama - er verzichtete darauf, die Öffentlichkeit auf seine Seite zu bringen und so feindselige Abgeordnete unter Druck zu setzen. Aber, so Krugman, "es gab keine zündenden Slogans; keine klaren Grundsatzerklärungen; die politische Botschaft war weniger ineffektiv als inexistent."

Und es wird nicht besser. Daran schließt sich die Frage, was passiert, wenn Obama scheitert. Die Hoffnung auf eine irgendwie "andere", zivilisiertere Weltpolitik wäre dahin. Und der ökonomische und politische Niedergang der USA würden sich beschleunigt fortsetzen. Eh super, sagen ein paar US-Hasser? Na, dann freut euch auf China. (Hans Rauscher/DER STANDARD, Printausgabe, 11./12.12.2010)